20 Juni 2011

Wir amüsieren uns zu Tode....Neil POSTMAN



1985 erschien Neil POSTMANs Buch "Wir amüsieren uns zu Tode", in dem der amerikanische Medienwissenschaftler die kulturellen, gesellschatftlichen und sozialen Folgen des Fernsehens anprangert. Im geschichtlichen Überblick bespricht er zunächst Technologien, die noch vor dem Beginn des Fernsehzeitalters, die die Gesellschaft ähnlich vehement beeinflusst und verändert haben, wie es der Fernseher heutzutage tut. Er erwähnt dabei vor allem Buchdruck und Telegrafie.

Sein kritischer Blick auf das Medium Fernsehen ist ein arg düsterer. Er wirft dem Medium vor, dass sie eine Kultur in belanglosen, stark visualierten Informationshappen ertränkt, die keinerlei Vorwissen oder Kontinuität fordern.

Alles wird allen zugänglich gemacht. Dabei liegt das Ziel des Mediums Fernsehen laut Postman nicht darin den Menschen durchin ihrer Entwicklung zu helfen, sondern primär, sie zufrieden zu stellen und einfach zu unterhalten.

Wir verlieren zunehmend unsere Fähigkeit, uns auf sprachliche Argumentation zu fokussieren, weil wir in einer Welt schnell aufeinander folgender der Bilder leben.

Generationgrenzen lösen sich auf, Kinder mutieren zu kleinen Erwachsenen, in dem ihnen durch das Fernsehen sehr früh alle nur erdenklichen Problemen der Erwachsenenwelt weitgehen ungefiltert zugänglich gemacht werden.

Schauspielernde Politiker und zu Politikern mutierende Schauspieler à la Reagan und  Schwarzenegger belegen laut Postman bedrohlich eindrucksvoll, dass  es eigentlich die gleichen Techniken sind , die auch bei der Vermarktung von Waschpulver so wirksam eingesetzt werden, die heutzutage Wahlentscheidungen beeinflussen. Es stehen eben attraktiv anzusehende Gesichter und deren werbewirksame Präsentation weit vor Ideen und ideellen Werten.

Nicht mehr wir sondern die Medien bestimmen, was und wie wir erleben, empfinden oder denken.

Postman kann dem Medium Fernsehen so gar nichts Positives abgewinnen und ignoriert meiner Meinung nach positive Seiten wie den demokratischeren Zugang zu Informationen, entstehende Meinungsvielfalt und denleichteren und schnelleren Austausch unter verschiedenen Kulturen.

Doch wie die Entwicklung nach Postmans Tod 2003 zeigt, liegt den meisten Menschen  Unterhaltung und Zerstreuung mehr am Herzen, als sich über den Verlust an Kritikfähigkeit und geistiger Freiheit Gedanken zu machen.

1 Kommentar:

  1. Hallo Michaela,

    Ich finde Deinen Hinweis darauf, daß (vergleichsweise) ungefilterter Zugang zu Informationen auch Vorteile bietet, sehr wichtig.

    Man kann wahrscheinlich noch andere Punkte - vor allem vor gegenwärtigen Entwicklungen - kritisch sehen. Z.B. ist die Zeit, in der nach einer Episode einer Fernsehserie "alles wie früher" ist, längst vorbei. Bei vielen, durchaus beliebten, Fernsehserien verliert man durchaus den Anschluß, wenn man eine oder zwei Episoden verpaßt. Vorwissen und Kontinuität werden also beim Fernsehen mittlerweile verlangt. Und wenn ich mir deutsche Politiker/innen anschaue, bezweifle ich auch seine These von den "attraktiv anzusehende Gesichter und deren werbewirksame Präsentation" :-)

    Eine extreme Position wie "Nicht mehr wir sondern die Medien bestimmen, was und wie wir erleben, empfinden oder denken", die letztlich den Menschen und seine aktive Medienwahl und seinen Umgang mit Medien/sein Vorwissen/seine Fähigkeit zur kritischen Distanz vollkommen ausblendet, ist natürlich leicht angreifbar. Aber auf jeden Fall ist Postman immer für eine Diskussion gut :D

    Judith

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